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Einleitung

Kollagen VI kongenitale Muskeldystrophie (Kollagen-VI Muskeldystrophie, COL6), zuvor auch unter der Bezeichnung Bethlem- oder Ullrich-Myopathie bekannt, wird durch Mutationen in drei Kollagen VI-Genen verursacht: Col6A1, Col6A2 und Col6A3 (1, 2). Die Krankheit ist eine von mehr als 8.000 seltenen Krankheiten mit einer Häufigkeit von 1-9/1.000.000 (3). Unter den zahlreichen Muskelkrankheiten ist COL6 eine der häufigeren Erkrankungen, die etwa 30 % der Fälle ausmacht (4, 5). Bisher ist keine Therapie für Kollagen-6 Muskeldystrophie bekannt.
Genetik der Kollagen-VI Muskeldystrophie
Bethlem-Myopathie war die erste Krankheit, die 1996 mit Kollagen VI in Verbindung gebracht wurde (1). Zunächst wurden in drei Familien Mutationen im Col6A1- und Col6A2-Gen nachgewiesen. Später wurden auch Mutationen im Col6A3-Gen identifiziert, die Bethlem- und Ullrich-Myopathie verursachen (6). Genetisch können diese Erkrankungen nicht auseinandergehalten werden, da dominant-negative und rezessive Mutationen dem gesamten Krankheitsspektrum unterliegen. Der daraus resultierende Phänotyp wird durch die Art und Weise beeinflusst, wie Mutationen den Kollagen VI-Aufbau beeinflussen. Häufig werden große intrafamiliäre Unterschiede in der Krankheitsausprägung beobachtet, was darauf schließen lässt, dass modifizierende Gene eine Rolle bei der Schwere der Krankheit spielen, aber bislang konnte kein sog. „modifier“ Gene identifiziert werden. Für unseren therapeutischen Ansatz ist es wichtig, dass Haploinsuffizienz für Col6A2 im Allgemeinen nicht zu einem klinischen Phänotyp führt, so dass Träger von Null-Mutationen nicht wesentlich klinisch beeinträchtigt sind (7).
Pathophysiologie der Kollagen-VI Muskeldystrophie
Die extrazelluläre Matrix (extracellular matrix – ECM) bildet die Außenumgebung um die Muskelzelle. Sie ist für wichtige Funktionen bei der Unterstützung der Stabilität der Muskelzellen und der Regeneration verantwortlich, und ermöglicht es der Muskelzelle, sich an die Matrix anzupassen. Die ECM enthält Kollagen 6 (Kollagen VI), welches aus drei Strängen, die mit COL6A1, COL6A2 und COL6A3 abgekürzt werden, besteht. Kollagen VI-Mikrofibrillen finden sich in einer großen Anzahl von ECMs, einschließlich Muskeln, der Haut, Sehnen, Knorpel, den Bandscheiben, den Linsen, den inneren Organen und Blutgefäßen, was zu Muskel- und Bindegewebsphänotypen bei Col VI-CMD führt. Daher handelt es sich bei Col VI-CMD um eine Erkrankung der „Myomatrix“ – der extrazellulären Matrix der Muskeln (8).

Batten Turner kongenitale Myopathie als mögliche Vorläuferdiagnose der Kollagen-VI Muskeldystrophie

In der alten Bundesrepublik Deutschland wurde bis Anfang der 1990er Jahre die Diagnose „Batten Turner kongenitale Myopathie“ bzw. „Batten Turner Muskeldystrophie“ an benign betroffene Muskelkranke vergeben. Dies geschah zum einen an der Heinrich Heine Universität in Düsseldorf durch Prof. Dr. Wilhelm Mortie und zum anderen an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg durch Prof. Dr. Robert Beckmann. Es handelt es sich um eine Diagnose, die hauptsächlich nur Westdeutschland vergeben wurde und international wenig bis keine Relevanz hatte. So stand ab 1986 etwa die Bethlem Myopathie als eine mögliche Nachfolgediagnose bereit.

Sofern ein muskelkranker Mensch noch diese alte Batten Turner Diagnose hat, sollte sie oder er sich baldmöglichst einer humangenetischen Exom-Sequenzierung unterziehen, um eine zeitgemäße Diagnose wie möglicherweise die Kollagen-VI Muskeldystrophie zu erhalten. Es hat sich bereits im kleinen Patient*innenkreis gezeigt, dass viele Menschen mit der früheren Batten Turner Diagnose nun die Kollagen-VI Diagnose erhalten haben.

Bitte kümmern Sie sich als hiervon Betroffene*r proaktiv um den entsprechenden Bluttest in einer humangenetischen Praxis. Es steht bereits heute schon viel Informationsmaterial für betroffene Patient*innen und behandelnde Ärzt*innen bereit und es liegen deutlich mehr wissenschaftliche Erkenntnisse vor als es für die Batten Turner kongenitale Myopathie jemals zuvor gegeben hatte. Ferner kann eine zeitgemäße Diagnose auch Statusvorteile gegenüber der Kranken- und Pflegekasse, Ämtern und Behörden mit sich bringen.

Video (englisch): Vortrag Prof. Dr. Simone Spuler über Vor- und Nachteile der genetischen Testung (Exom-Sequenzierung) bei Muskeldystrophie. Hier am Beispiel der Gliedergürteldystrophien (LGMD)



Video: Vortrag CRISPR/CAS9 basierte Optionen der Genveränderung. Das erste Video bezieht sich auf die FSHD Muskeldystrophien ist aber inhaltlich auf COL-VI Muskeldystrophien übertragbar, das zweite ist allgemeiner





Artikel über eine spanische Forschergruppe, die sich mit dem CRISPR-Verfahren beschäftigt



Video (englisch) : Vortag Prof. Dr. Carsten Bönnemann Precision medicine approaches for the collagen VI-related dystrophies



Video (englisch): Vortrag Prof. Dr. Valérie Allemand Therapeutic options for premature termination codon mutations in COLVI-related dystrophies



Video (englisch): Vortrag Dr. Veronique Bolduc Therapeutic approaches for the pseudoexon mutation, and development of a viral vector to deliver molecular therapies to collagen 6-expressing cell



Video (english): Vortrag Franziska Haaarich CRISPRoff as potential treatment strategy for ColVI-CMD



Video: Optimierung oder Diskriminierung? Agree to Diasagree- Kritik an der CRISPR CAS Methode

Video (englisch): Internationales Kollagen VI Forschungskolloqium Sommer 2022



Video (englisch): Gene (and transcript) directed precision therapeutics for rare neuromuscular disease of childhood: From GAN to COL6 and beyond



Arbeitsgruppen, die an Kollagen-6 Erkrankungen forschen

Prof. Erdmann, Lübeck, Deutschland

Murdoch Children research institute, Australien

Prof. Jiménez Mallebrera, Barcelona, Spanien

Arbeitsgruppe um Prof. Bönnemann am NIH, USA

Arbeitsgruppe um Prof. Bonaldo, Abteilung für Molekularmedizin der Universität Padua, Italien

Geförderte Forschungsprojekte zur Kollagen-6 Muskeldystrophie in Deutschland



Literatur

Eine unvollständige Übersicht mit (englischsprachiger) Forschungsliteratur findet sich hier.